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Kategoriale Annäherung an die Doppelwelt der Kategorien

26. Februar 2016
  1. Zum Verstehen ist nun wohl alles Einsehbare gesagt. Zum Begreifen möchte ich dennoch wagen – und bitten, mir zu gestatten – noch einmal kurz auf Nicolai Hartmanns kategoriale Suchgeste hinzuweisen:

    Hartmann lässt seinen suchenden Blick auf die Prinzipien der Prinzipien des Erkennens – über die sich wandelnden Erkenntnistheorien hinaus – hingleiten herkommend vom sich als Erkenntnis gebenden Mythos über dessen langsam immer kritischer werdenden Anzweifelns eines Platons oder Aristoteles, über den langen Suchweg der Scholastik, die erst einmal Kategorien der Einteilung des Erkennens brauchte, um sich selber dogmatisch zu festigen, bis dann die Kritik – sich positivierend – selber die dogmatisierten Kategorien kritisch durchmusterte bis hin, über Thomas, zu Kant, der die Kategorien dann transzendalisierte, was sich schliesslich und endlich herausstellte als der unaufhaltsame Beginn ihrer Historisierung:

    Über die menschlich praktisch unabweisbaren Grundkategorien von Raum und Zeit hinaus, die dem unreflektiertesten Steinzeitmenschen zum Überleben in Fleisch und Blut eingeschrieben waren (jagdbar oder nicht, findbar oder nicht, essbar oder nicht), verstärkt um einen wenn auch noch schwer durchschauten Begriff von Kausalitäten als für alle Jagdplanung unverzichtbare Überlegungen wie Wann durch Was und Womit für ein überschaubares Wozu, schrittweise wurde eben immer klarer, deutlicher und damit auch deutbarer, die Welt solle nicht nur kein Chaos sein, sie könne es wohl auch gar nicht sein, wenn sie aus sich heraus Bestand haben wolle. Man vermutete Ordnung, also suchte man sie und fand sie auch. Dann wurde aber bald klar: die sich schrittweise wie von selber ordnende Ordnung des Erkennens geriet in ein Wechselspiel mit den aufgefundenen Kategorien des Aufbaus der realen Welt: je mehr man von der Welt und ihren Zusammenhängen begriff, umso diffiziler wurde das, was man von der Welt zu sagen wusste. Es war zwar leicht zu sehen, und damit auch einzusehen, dass das Wissen sich verfestigte und der Umfang an Gewissheit damit auch zunahm, aber es war bald mit Erschrecken sichtbar und erkennbar: das nicht Gewusste, auch wenn mann optimistisch annahm, es sei verminderbar, würde wohl immer wieder doch schneller anwachsen als das beweisbar und einsehbar Gewusste.

    Wenn die Welt die Hardware sein sollte und die Fülle der stetig anwachsenden Erkenntniskategorien die dazu passende Software, dann war bald klar, es musste täglich und unermüdlich an der Software weitergeschrieben werden, um mit dem wachsenden Erkenntniswandel über die unabweisbaren Fakten der Hardware Schritt halten zu können.

    Das geht dann eigentlich heute so weit, dass der oft zu hörende Vorwurf, es sei irgendwo ein Kategorienfehler in einer Argumentationskette im Spiel, nicht mehr als ehrenrührig angenommen werden musste, denn wer wollte schon so vermessen sein (man denke an Microsoft und ihren Weg vom Quellcode zu Window 8), eine lückenlose Expertise abzugeben über Aufbau und Anzahl und systemischen Zusammenhang aller zur Beschreibung komplexer Sachverhalte erforderlicher Sach- und Beschreibunskategorien. Auch das mag mithin ein Grund sein, es im Alltag schnell einmal Fünfe gerade sei zu lassen, weil eine vollständige Kategorienanalyse viel zu rechenaufwendig wäre, von Zeit und Geld zu schweigen.

    Auch diese bruchstückhaften Überlegungen zeigen, dass man das Etikett Arroganz ins Museum des selbstbewussten und scheinbar unschlagbaren Bildungsbürgers verbannen darf. Arroganz aus ad rogare: kräftig und selbstbewusst zulangen (in einem Amt oder auf einem Katheder) gehört nun doch endgültig auf den rogus, den Scheiterhaufen der Lächerlichkeit.

    dieterbohrer – 14. Dezember 2012 um 22:15

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  1. Zum Verstehen ist nun wohl alles Einsehbare gesagt. Zum Begreifen möchte ich dennoch wagen – und bitten, mir zu gestatten – noch einmal kurz auf Nicolai Hartmanns kategoriale Suchgeste hinzuweisen:

    Hartmann lässt seinen suchenden Blick auf die Prinzipien der Prinzipien des Erkennens – über die sich wandelnden Erkenntnistheorien hinaus – hingleiten herkommend vom sich als Erkenntnis gebenden Mythos über dessen langsam immer kritischer werdenden Anzweifelns eines Platons oder Aristoteles, über den langen Suchweg der Scholastik, die erst einmal Kategorien der Einteilung des Erkennens brauchte, um sich selber dogmatisch zu festigen, bis dann die Kritik – sich positivierend – selber die dogmatisierten Kategorien kritisch durchmusterte bis hin, über Thomas, zu Kant, der die Kategorien dann transzendalisierte, was sich schliesslich und endlich herausstellte als der unaufhaltsame Beginn ihrer Historisierung:

    Über die menschlich praktisch unabweisbaren Grundkategorien von Raum und Zeit hinaus, die dem unreflektiertesten Steinzeitmenschen zum Überleben in Fleisch und Blut eingeschrieben waren (jagdbar oder nicht, findbar oder nicht, essbar oder nicht), verstärkt um einen wenn auch noch schwer durchschauten Begriff von Kausalitäten als für alle Jagdplanung unverzichtbare Überlegungen wie Wann durch Was und Womit für ein überschaubares Wozu, schrittweise wurde eben immer klarer, deutlicher und damit auch deutbarer, die Welt solle nicht nur kein Chaos sein, sie könne es wohl auch gar nicht sein, wenn sie aus sich heraus Bestand haben wolle. Man vermutete Ordnung, also suchte man sie und fand sie auch. Dann wurde aber bald klar: die sich schrittweise wie von selber ordnende Ordnung des Erkennens geriet in ein Wechselspiel mit den aufgefundenen Kategorien des Aufbaus der realen Welt: je mehr man von der Welt und ihren Zusammenhängen begriff, umso diffiziler wurde das, was man von der Welt zu sagen wusste. Es war zwar leicht zu sehen, und damit auch einzusehen, dass das Wissen sich verfestigte und der Umfang an Gewissheit damit auch zunahm, aber es war bald mit Erschrecken sichtbar und erkennbar: das nicht Gewusste, auch wenn mann optimistisch annahm, es sei verminderbar, würde wohl immer wieder doch schneller anwachsen als das beweisbar und einsehbar Gewusste.

    Wenn die Welt die Hardware sein sollte und die Fülle der stetig anwachsenden Erkenntniskategorien die dazu passende Software, dann war bald klar, es musste täglich und unermüdlich an der Software weitergeschrieben werden, um mit dem wachsenden Erkenntniswandel über die unabweisbaren Fakten der Hardware Schritt halten zu können.

    Das geht dann eigentlich heute so weit, dass der oft zu hörende Vorwurf, es sei irgendwo ein Kategorienfehler in einer Argumentationskette im Spiel, nicht mehr als ehrenrührig angenommen werden musste, denn wer wollte schon so vermessen sein (man denke an Microsoft und ihren Weg vom Quellcode zu Window 8), eine lückenlose Expertise abzugeben über Aufbau und Anzahl und systemischen Zusammenhang aller zur Beschreibung komplexer Sachverhalte erforderlicher Sach- und Beschreibunskategorien. Auch das mag mithin ein Grund sein, es im Alltag schnell einmal Fünfe gerade sei zu lassen, weil eine vollständige Kategorienanalyse viel zu rechenaufwendig wäre, von Zeit und Geld zu schweigen.

    Auch diese bruchstückhaften Überlegungen zeigen, dass man das Etikett Arroganz ins Museum des selbstbewussten und scheinbar unschlagbaren Bildungsbürgers verbannen darf. Arroganz aus ad rogare: kräftig und selbstbewusst zulangen (in einem Amt oder auf einem Katheder) gehört nun doch endgültig auf den rogus, den Scheiterhaufen der Lächerlichkeit.

    dieterbohrer – 14. Dezember 2012 um 22:15

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